Jackson Hole - Butte

06/09/2014
Wir verlassen Jackson Hole und unsere Route, um im Teton- sowie Yellowstone- NP etwas Touristenprogramm zu betreiben. Die Strasse fuehrt uns erst durch den Teton NP. Der Park ist benannt nach dem "Grand Teton", einem sehr imposanten Berg inmitten einer Bergkette, die umso mehr heraussticht, da die Landschaft ringsum sehr flach ist. Der Grand Teton wurde uebrigens auch schon mit Skiern befahren. Die Berge und die ganze Natur darumherum sind zweifellos schoen, etwas schmuzeln muessen wir dennoch. Da gibt es mal ein paar schoene Berge (fuer uns allerdings nicht weiter aufregend), wird gleich ein Nationalpark eroeffnet! Wuerde in der Schweiz nach amerikanischer Manier gewaltet, gaebe es Hunderte solche Paerke! Wir unternehmen zwei kleinere Wanderungen, um die Landschaft zu erkunden und wieder mal unsere Beine zu vertreten. Wie einseitig sie durchs Velofahren trainieren sind, bekommen wir jeweils schmerzlich am Tag darauf offenbart, wenn uns der Muskelkater, besonders in den Waden plagt. Da noch recht viel Schnee liegt, muessen wir uns mit Uferwegen und tieferen Aussichtspunkten zufrieden geben.
 
Nach zwei Tagen erreichen wir den Yellowstone-Park, der fuer seine vielen, teilweise sehr farbenpraechtigen Geysire beruehmt ist. Der Park ist tektonisch sehr aktiv, unter dem Boden liegt eine grosse Magmakammer und so koennte es sogar sein, dass in naher Zukunft der Park "explodiert". Tatsaechlich qualmt an jeder Ecke noch irgendein Schwefelloch, von denen jedes einzelne einen Namen bekommen hat. Wir tauchen gaenzlich ins Touristen-Sein ein und besichtigen die meisten der Geysire. Gewisse gleichen einem dampfenden, stinkenden grauen Schlammloch, andere schimmern in verschiedenen Farben und nochmals andere spritzen auf wie ein Springbrunnen. Nach etwa dreissig Stueck in allen Varianten haben wir dann aber definitiv genug gesehen. Wir entdecken auch fast taeglich neue Tiere: Bisons, Elche, Voegel, Kleintiere aller Art. Ein huhnartiger Vogel wagt sich sogar weit zu uns hervor und pickt "todesmutig" Raphael in den Schuh! Fuer beide geht die Konfrontation ohne weitere Folgen aus. Einem Baeren sind wir bis jetzt nach wie vor nicht begegnet.
 
Der Park ist nicht besonders geeignet, um ihn per Velo zu erkunden. Die Strassen sind eng und oftmals gibt es keinen Seitenstreifen, welchen wir als Veloweg nutzen koennten. Dafuer braust ein RV nach dem anderen an uns vorbei. Zwar steht die Hauptsaison erst bevor, der Verkehr scheint uns aber schon sehr gross und wir wollen uns gar nicht erst ausmalen, wie es hier im Juli zu- und hergehen mag. Wer also im Yellowstone Einsamkeit und unberuehrte Natur sucht, ist definitiv am falschen Ort. Auch hier wollen wir ein bisschen wandern, aber es liegt noch viel Schnee, die Seen beginnen erst gerade zu tauen und die Campingplaetze im Park sind teilweise noch geschlossen. So sind die Moeglichkeiten arg begrenzt, fuer eine dreistuendige Wanderung auf einen Berg reicht es jedoch trotzdem. Die Aussicht von oben offenbart nicht viel Neues: Wald wohin man schaut, dafuer ist es hier total einsam. Fuer uns sehr ungewohnt, waren wir doch die vergangenen Wochen in fast baumlosen Gegenden unterwegs. Wir legen im Park einen Ruhetag ein. Fernab von jeglichen Moeglichkeiten und Verfuehrungen einer Stadt schaffen wir es, einen wirklichen Ruhetag mit viel Zeit zum Lesen, Entspannen, Kochen, Nichtstun zu geniessen.
 
Als wir genug Geysire gesehen haben, verlassen wir den Park im Westen und stossen bald wieder auf unsere geliebte GDMBR. Die Ruhe, Einsamkeit und Abgelegenheit der Strecke geniessen wir nach dem Rummel umso mehr. Die Strasse fuehrt uns an verschiedenen Seen und Wildreservaten vorbei und nur wenige Autos finden den Weg hierdurch (ca eines pro Stunde). Leider begleiten uns auch hier immer wieder Gewitter, die aber meist weit an uns vorbeiziehen. Angenehm ist es trotzdem nicht, mit einem Gewitter im Nacken zu fahren. Als wir ueber den Red Rock Pass fahren, erleben wir unseren ersten Regennachmittag. Hat es zuvor immer nur kurze Zeit am Stueck geregnet, giesst es nun aus Kannen. Die Strasse verwandelt sich in einen Erdmatsch, der uns das Fahren enorm anstrengend und muehsam macht. Teilweise sinken wir so tief ein, dass die Raeder so verschlammt sind und nicht mehr drehen. Die Strasse wird derart "kleberig", dass wir nicht mal mehr schieben koennen und uns nur noch Zerren und Reissen bleibt! In der Nacht zieht nochmals ein Gewitter ueber Red Rock Lake und ein Blitz schlaegt wenige Hundert Meter von uns entfernt in den See ein. Der Knall geht durch Mark und Bein...
 
Als wir am naechsten Tag weiterfahren (die Tage beginnen immer strahlend), begegnen wir einem Bauern. Genau wie viele andere Leute ist er daran interessiert, woher wir kommen, wohin wie fahren etc. Als er hoert, dass wir nach Lima, dem naechsten Ort in 50km Entfernung fahren, offeriert er, uns mit seinem Pick-up mitzunehmen. Dass wir ablehnen, scheint komisch fuer ihn und er meint: "Na gut, wenn ihr lieber in den Regen kommen wollt!" Er moechte nochmals freundlich sein und uns zu einem Steak einladen, was wir aber wiederum mit "Wir sind Vegetarier" ablehnen. Dies scheint der Beweis zu sein, dass wir komplett spinnen. Als Besitzer von Hunderten von Kuehen bricht er ihn schallendes Gelaechter aus und fragt, was wir denn stattdessen essen! Muesliriegel?? Irgendwann gibt es der gute Mann auf und faehrt davon. Er schreit uns aber noch energisch nach "Eeeaaat Beeeeeef!" Waehrend wir noch lange ueber das Gespraech schmulzeln, verpassen wir doch glatt eine Abweigung. Wir merken dies aber erst 15km spaeter, als wir ploetzlich an der Interstate, einer autobahnartigen Schnellstrasse, stehen. Wir beschliessen, nicht umzukehren, sondern auf einem Kuhpfad der Interstate entlang nach Lima zu fahren.
 
Unsere Route fuehrt uns wirklich an die ulkigsten Orte, an denen "normale" Touristen nie anhalten wuerden. So zB Lima, welches aus 280 Einwohnern, einem Motel mit Campingplatz, einer Tankstelle und einem Cafe besteht. Der obligate Gun-Shop darf allerdings auch hier nicht fehlen. Fuer nicht-Einheimische gibt es hier nichts zu tun (Waffenlaeden gibts ja ueberall) und darum kaum Gruende, hier anzuhalten, waehrend wir unseren Velotag beenden und unser Zelt auf dem Campingplatz aufstellen. In solchen Orten ergeben sich immer wieder witzige Gespraeche mit Einheimischen, welche sich eben darueber wundern, dass wir hier gestrandet sind.
 
Die weiteren Tage sind weiterhin gepraegt von toller Landschaft, Ruhe, wenig Verkehr und unendlichen Zeltmoeglichkeiten. Die Strasse wird fast nur von Einheimischen mit Landbesitz befahren, so dass wir kaum jemandem begegnen. Wir fahren an Duzenden Ranches vorbei, der amerikanischen Art von Bauernhof, welche sich nicht selten kilometerlang der Strasse entlang ziehen. Hier leben diese Leute vor allem von der Viehzucht, Tausende von Kuehen stehen auf den Weiden und wissen noch nicht, dass sie eines Tages zu "Beef Jerky" verarbeitet werden.
Grundsaetzlich sind die Strassen in recht gutem Zustand und mit unseren voll belandenen, breit bereiften Raedern gut befahrbar. Zuletzt fuehrt uns die Route sogar auf Trails, also Wege, die per Auto nicht mehr zu befahren sind (wohl aber per ATVs bzw "Quads"). Hier treffen wir auf den steilsten Weg der gesamten Reise, wir schaetzen die Steigung auf 50%!! Um die nur 500 Meter zu meistern, probieren wir drei verschiedene Techniken aus. Technik 1: Mit "Spitzkeheren" den Hang rauf: sehr muehsam und wenig erfolgreich. Technik 2: Wir zerren und schieben zu zweit ein Velo hoch. Immer noch muehsam und anstrengend. Technik 3: Wir entladen das Velo und tragen das Gepaeck separat hoch. Steter Tropfen hoelt und den Stein und nach 1.5 Stunden haben wir es tatsaechlich geschafft.
 
Trotz der Ruhe verbringen wir beide einige Naechte mit wenig Schlaf. Woran dies liegt, wissen wir nicht, aber das Einschlafen faellt uns sehr schwer, obwohl am Nachmittag gerade noch muede, liegen wir spaeter hellwach auf unseren Matten.  Es folgen Stunden von Herumwaelzen, Musik hoeren, Wegdoesen und wieder auf die Uhr schauen. Dazu kommt, dass wir irgendwann mitten in der Nacht wieder Hunger bekommen, der uns zusaetzlich nicht schlafen laesst. Wegen der Baeren haben wir aber unser gesamtes Essen in 3 Metern Hoehe an einen Baum gehaengt, unerreichbar fuer die Baeren, aber eben auch fuer uns. So bleibt uns nichts anderes uebrig, als weiter aufs Einschlafen und den Morgen zu warten (und dabei den Sternenhimmel bewundern, bzw. fotographieren).